Das war wieder einmal eine Überraschung. Stand doch damals in Solothurn ein Chor auf der Bühne, der sich „Chor der Nationen“ nannte, und – ich war sofort begeistert. Nicht nur der Qualität wegen, sondern die Idee, Menschen aus ganz verschiedenen Nationen zu einem wunderbaren Chor zu formen, faszinierte mich. Immer wieder guckte ich mir die Sängerinnen und Sänger an. Ganz verschiedene Gesichter. Viele verschiedene Kulturen waren da präsent, es war offensichtlich. Das berührte mich sehr, werden doch bei uns immer wieder so viele Probleme diskutiert, die sich mit Menschen aus anderen Kulturen ergeben. Auch stehen sich diese Kulturen oft gegenseitig im Weg, was dann zu ganz komplizierten Konfrontationen führen kann.
Aber die Lieder schmelzen alles zusammen, unterschiedliche Sprachen sind da kein Hindernis. Alle SängerInnen finden den richtigen Ton, das heisst, man bemüht sich, fremdsprachige Texte zu lernen, ungewohnte Sprach-Akzente zu üben, unübliche Rhythmen zu übernehmen. Jedes Chor-Mitglied ist offen für das Ungewohnte, das Fremde. Mühsam arbeitet man sich an die fremdsprachigen Liedtexte heran, bis es ein perfektes Ganzes wird. Die Leistung des Dirigenten, der sich hier nicht nur auf die Arbeit mit dem Taktstock konzentrieren kann, sondern die verbale Kommunikation in diversen Sprachen beherrschen muss, darf besonders erwähnt werden. Da kann ich nur sagen: „Chapeau!“. Wir applaudieren gerne für die Qualität der Darbietungen, aber auch für den Geist, der hinter all dem und inmitten dieses Chores steckt. Ich muss es einfach „beispielhaft“ nennen.
Emil Steinberger, 3. August 2009